Neurogene Blasenfunktionsstörung bei Multipler Sklerose
Blasenprobleme bei einer Multiplen Sklerose haben zu Beginn der Erkrankung ca. 2-5 % der betroffenen Patienten. Durchaus kann die urologische Problematik aber auch alleiniges Erstsymptom der MS sein. Mit zunehmendem Krankheitsverlauf entwickeln bis zu 90 % der MS-Patienten eine Blasenfunktionsstörung.
Die Neuro-Urologie unterscheidet sich deutlich von der allgemeinen Urologie. Sie beschäftigt sich insbesondere mit der Diagnostik und Therapie von nerval bedingten Veränderungen der Blasen- und Mastdarmfunktion. Eine entzündliche Schädigung der entsprechenden Nervenbahnen kann im Bereich des Gehirns, des Rückenmarks oder des Beckens liegen. Je nach Lokalisation der Nervenschädigung kommt es zu unterschiedlichen Fehlsteuerungen.
Typische Beschwerden sind ein plötzlich einschießender Harndrang mit und/oder ohne unwillkürlichen Urinverlust. Patienten berichten über einen häufigen Toilettengang im Tagesverlauf, aber auch nachts. Nicht selten kommt es zu einer erschwerten Blasenentleerung. Um die Blase zu entleeren, muss häufig die Bauchpresse mit hinzu genommen werden, es besteht das Gefühl der inkompletten Entleerung mit schlechtem Harnstrahl.
Des weiteren berichten einige Patienten über eine Starthemmung. Es besteht zwar Harndrang, aber das Wasserlassen kommt nicht in Gang. Die Dauer des Toilettenganges ist dadurch erheblich verlängert. Bei vielen Betroffenen können dann auch immer wiederkehrende Harnweginfektionen hinzukommen, welche die Situation erheblich verschlechtern.
Spätestens jetzt befinden sich die Menschen in einem Teufelskreislauf, welcher die Lebensqualität enorm beeinträchtigt.
Um funktionelle Blasenprobleme aufdecken zu können, ist neben einer Basisdiagnostik (Toilettenprotokoll, Urinanalyse, körperliche Untersuchung, Ultraschall, evtl. auch Blasenspiegelung) die Blasendruckmessung eine sinnvolle Option. Mit einer Blasendruckmessung (sogenannte Urodynamik) kann die Blasenfunktionsstörung diagnostiziert und die Form der neurogenen Störung exakt klassifiziert werden. Eine urodynamische Untersuchung ist ein komplexes Verfahren und die korrekte Interpretation der Meßwerte setzt eine besondere Erfahrung des Urologen voraus. Daher wird diese umfangreiche Untersuchung in der Regel nur in speziellen Zentren mit hoher Expertise angeboten.
Nach Sicherung der Diagnose können die therapeutischen Möglichkeiten gemäß eines Stufenschemas individuell besprochen werden. Ob eine Therapie erforderlich ist, hängt maßgeblich von der individuellen Einschränkung der Lebensqualität des Patienten ab.
Entscheidet sich der Patient für eine Therapie, so startet man mit der ersten Stufe. Hierzu gehören die konservativen Maßnahmen wie Medikamentengabe, Physiotherapie und Verhaltenstherapie. Von dieser Kombination profitieren bereits viele Patienten.
Bei fehlender subjektiver als auch objektiver Besserung der Beschwerden kann eine Botox®-Injektion in den Blasenmuskel erfolgen. Botulinumtoxin ist das potenteste natürlich vorkommende Nervengift. Es wird bereits seit vielen Jahren bei verschiedenen Krankheitsbildern erfolgreich eingesetzt. Seit 2012 ist es zur Therapie der neurogenen Überaktivität der Blase bei MS in einer Dosis von 200 Units zugelassen und höchst effektiv wirksam. Vor einer Botox®-Behandlung ist die Einarbeitung des Patienten in den intermittierenden Selbstkatheterismus zu empfehlen, da das Risiko einer Restharnbildung nach Botox, insbesondere bei Multipler Sklerose, erhöht ist oder bereits vorher bestanden hat. Die Wirkdauer des Medikamentes ist begrenzt. In der Regel muss die Injektion einmal im Jahr wiederholt werden. Da das Medikament in örtlicher Betäubung ambulant während einer Blasenspiegelung in den Blasenmuskel gespritzt wird, sind Vollnarkosen mit stationärem Aufenthalt nur noch in Einzelfällen notwendig.
Alternativ besteht bei stabilem MS-Verlauf auch die Möglichkeit der Implantation eines Blasenschrittmachers (sogenannte Sakrale Neuromodulation). Leider gibt es für dieses Verfahren keinen prädiktiven Faktor für den Erfolg, außer der Teststimulation im Zwei-Schritt-Verfahren. Zunehmende MS-Studien attestieren diesem Verfahren gute bis sehr gute Ergebnisse, sofern der MS-Verlauf als stabil bewertet wurde.
Die Neuro-Urologie unterscheidet sich somit aufgrund ihrer Komplexität deutlich von der allgemeinen Urologie und ist daher als eigenständige Subspezialität anzusehen. Leider sind neuro-urologische Abteilungen in Deutschland selten zu finden und häufig vom Wohnort weit entfernt.
Für die Region Köln jedoch gibt es nun jedoch die Schwerpunktpraxis "Urologie & Neuro-Urologie im MVZ" in der Kölner Innenstadt, die die Diagnostik und Therapie neurogener Blasenfunktionsstörungen aus einer Hand anbietet.
Urologie & Neuro-Urologie im MVZ
Dr. Ingo Bonn
Hohenstaufenring 59
50674 Köln
Tel: 0221-236023
Fax: 0221-2404311
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